"RISIKO FUCHSBANDWURM"
 

Der auch für Menschen gefährliche Fuchsbandwurm breitet sich in Deutschland weiter aus. Die Zahl der infizierten Füchse sei nach wissenschaftlichen Untersuchungen in Thüringen dramatisch angestiegen, teilte der Deutsche Jagdschutzverband (DJV) am Donnerstag in Bonn mit. Auch in anderen Gebieten Deutschlands, etwa in Brandenburg oder Niedersachsen, sei der für den Menschen gefährliche Parasit auf dem Vormarsch. Das Risiko für Menschen müsse ernst genommen werden. Auch die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW) warnte vor lebensgefährlichen Infektionen mit dem Fuchsbandwurm. Überträger seien nicht nur die Füchse selbst, sondern auch Kleinnager und Haustiere. Infizieren könne sich Menschen über roh verzehrte Beeren oder Pilze aus dem Wald, aber auch durch bodennahe Früchte und Gemüse im eigenen Garten, an denen Eier des Fuchsbandwurms sind.

Menschen, die solche Eier aufgenommen haben, erkranken oft erst nach mehreren Jahren. Die Infektion der Leber ist lebensgefährlich. Von der Infektion bis zum Ausbruch der Krankheit können beim Menschen bis zu 15 Jahre vergehen. Welche Folgen die derzeitige Ausbreitungstendenz des Parasiten beim Fuchs für den Menschen künftig haben wird, ist wegen dieser großen zeitlichen Verzögerung schwer abzuschätzen.

Zum Schutz vor Fuchsbandwurm-Infektionen sollten Früchte, Gemüse und Pilze vor dem Essen unbedingt abgewaschen und erhitzt werden, rieten der DJV und die DSW. Dies könne die Gefahr deutlich absenken. Auch an das Händewaschen nach dem Sammeln und nach der Gartenarbeit sollte gedacht werden. Abgetötet werde der Erreger erst durch Erhitzen auf mehr als 60 Grad Celsius. Einfrieren oder Einlegen in Alkohol helfe nicht gegen den Parasiten.

Auch Katzen und Hunde sollten regelmäßig entwurmt werden. Füchse sollten nicht durch Fütterung oder offene Mülltonnen in menschliche Siedlungen gelockt werden.

Aktuelle Ergebnisse einer Studie des Friedrich-Loeffler-Instituts belegen laut DJV, dass sich der Fuchsbandwurm (Echinococcus multilocularis) in Thüringen von 1990 bis 2003 räumlich stark ausgebreitet hat. In einigen westlichen Landesteilen sei inzwischen jeder zweite Fuchs mit dem Parasiten infiziert.

«Der Fuchsbandwurm hat sich in den vergangenen Jahren regional stark ausgebreitet und ist nicht mehr auf den Süden Deutschlands beschränkt. In Brandenburg etwa hat er den äußersten Osten erreicht», erläuterte DJV-Präsident Jochen Borchert.

Der DJV forderte eine bundeseinheitliche epidemiologische Überwachung und Analyse der so genannten Endwirte, zu denen neben dem Fuchs auch der Marderhund gehöre.

Diese eingewanderte Art breite sich rasant von Ost nach West aus. An die Jäger appellierte Borchert, in bekannten Risikogebieten die Bejagung des Fuchses zu intensivieren.

Die Gefahr, die vom Fuchsbandwurm für den Menschen ausgeht, ist tatsächlich hoch andererseits wird in den Medien auch oft übertrieben berichtet. Der Fuchsbandwurm (Echinococcus multilocularis) ist vor allem ein Parasit wild lebender Säugetiere.

Seine Entwicklung ist untrennbar mit einem Wirts- und Generationswechsel verbunden.

Im Endwirt – bei uns vor allem dem Rotfuchs – leben die erwachsenen Würmer. Ihre Eier werden mit dem Kot ausgeschieden. Diese Eier müssen oral von einem geeigneten Zwischenwirt – fast immer einem Nagetier (Feld-, Wühlmäuse, Bisam usw.) - aufgenommen werden, in dem die Larven des Bandwurms schlüpfen, in die Darmwand eindringen und von dort über die Blutwege in die Leber gelangen. Hier entwickeln sich die Larven zwar weiter, können aber nur zu erwachsenen, fortpflanzungsfähigen Tieren werden, wenn der befallen Zwischenhirt wieder vom Endwirt gefressen wird, in dem sie dann ausreifen.

Es handelt sich also um ein hoch spezialisiertes Endwirt-Zwischenwirt-Endwirt-Parasit-Verhältnis.

Wenn ein großes Säugetier oder der Mensch befallen wird, handelt es sich um einen „biologischen Irrtum“, weil die Larven in diesen „Fehl-Zwischenwirten“ nie den Fuchs als Endwirt erreichen werden. Die Eier müssen, um sich weiter entwickeln zu können, vom Mensch über den Mund aufgenommen werden. Sie sind sehr leicht und können unter entsprechenden Bedingungen mit dem Wind verfrachtet werden. Sie können auch z. B., wenn der Mensch mit den Schuhen in die Fuchslosung tritt, anschließend unbeabsichtigt in den Wohnraum transportiert werden.

Es ist aber auch so, dass z. B. Beim Menschen in der erheblichen Mehrzahl der Fälle Infektionen durch das körpereigene Immunsystem zum Erliegen gebracht werden. Bei nachhaltig infizierten Menschen findet „nur“ ein sehr verzögertes und schwaches Wachstum in der Leber statt, bei dem dennoch das Lebergewebe zunehmend zerstört wird.

Befallstilgende Therapien für den Menschen gibt es derzeit noch nicht. Lebenslange Anwendung von geeigneten Mitteln kann aber das Larvenwachstum in der Leber zum Stillstand bringen.

Endwirte können nur solche Arten sein, welche die Kleinnager-Zwischenwirte auch fressen. Hinsichtlich der möglichen Endwirte – Fuchs und Marderartige – ist von vornherein festzuhalten, dass die Marderartigen (Iltis, Hermelin, Haus-, Steinmarder usw.) keine Endwirte sind und darum auch nicht als Infektionsquellen für den Menschen in Frage kommen. Nach Berichten liegt das wohl an der Struktur des erheblich kürzeren Magen-Darm-Traktes und Stoffwechseleigenheiten vor allem im Magen.

Anders sieht es beim Rotfuchs aus, dessen Population sich auf höherem Niveau stabilisiert hat und der bekanntermaßen zunehmend in die menschlichen Lebensräume einwandert. Hier besteht ein echtes Risiko. Es wird momentan untersucht, ob dieses Risiko durch die großräumige Verteilung von Fuchsködern mit „entwurmenden“ Wirkstoffen gemindert werden kann.

Weitere Endwirte sind auch Katzen und Haushunde und zwar um so stärker, je mehr Mäuse sie jagen. Dem kann aber durch systematische und regelmäßige Verabreichung von „Wurmkuren“, welche die Bandwürmer vollständig abtöten, begegnet werden.

Dass der Verzehr verschmutzter Waldfrüchte oder roher Pilz für die Infektion von besonders hoher Bedeutung ist, wurde so nie nachgewiesen. Füchse halten sich bei der Nahrungssuche öfter auf Wiesen und anderem Kulturland auf. Sie setzen dort demnach auch vermehrt ihre Losung ab. Also muss das Risiko beim Verzehr von nicht gewaschenem Fallobst, Salat und Früchten aus dem Garten oder aus dem Erwerbsanbau höher sein.

Nach Ansicht medizinischer Epidemiologen ist das Risiko für den Menschen an Bandwurmbefall (=alveolärer Echinokokkose) zu erkranken, klein genug; hinzu kommt die schon erwähnte Tatsache, dass ein Großteil derjenigen, die Bandwürmer aufnehmen, auch gar nicht klinisch erkrankt, weil das eigene Immunsystem die weitere Entwicklung verhindert.

Es gibt wegen immer noch bestehender Wissenslücken für uns nur wenige empfehlenswerte praktikable Vorbeugungsmaßnahmen. Dazu gehören nach Aufenthalt und Arbeiten in Freiland und Garten allgemein übliche Hygienemaßnahmen – vor allem Kleiderwechsel und intensives Händewaschen. Verschmutzte Kleidung, Schuhe und Geräte sollten nicht in die Wohnräume gelangen und mit heißem Wasser gereinigt werden.

Die Desinfektion mit herkömmlichen Haushalts-Desinfektionsmitteln hilft nicht. Hier sind auch das sorgfältige Waschen von Obst oder Gemüse zu nennen. Diese Maßnahmen bieten natürlich nicht die letzte Sicherheit. Die Abtötung der Eier erfolgt erst bei Temperaturen über 60 ° C und durch Einfrieren unter – 70 ° C.

Jäger sind eine besondere Risikogruppe. Sie sollten den Kontakt zu erlegten Füchsen oder frisch gestreiften Bälgen auf ein Minimum begrenzen (Handschuhe usw.). Sinnvoll ist in jedem Fall konsequente Entwurmung von Hunde und Katzen mit einem geeigneten Präparat durch den Tierarzt. Gerade die Haustiere könnten über Kotreste usw. die Infektion ins Haus einschleppen.

Für die Unsicheren gibt es die Möglichkeit einer Ultraschalluntersuchung des Oberbauches, ggf. kombiniert mit serologischer Diagnostik. Für Wiederkäuer soll es bereits eine praxisreife Impfung gegen Bandwurmbefall geben; möglicherweise wird diese Möglichkeit mittelfristig für Menschen auch angeboten.

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