Richard Didicher (02.05.2020)

Der große und die kleinen Trumps

Wer hätte vor einigen Jahrzehnten geglaubt, als Siegfried Lenz für das Amt des Bundespräsidenten vorgeschlagen wurde, dass eine Zeit kommen wird, die von Trumps und Konsorten bestimmt werden wird.

Format war die Erwartung, die man früher an jede Führungspersönlichkeit stellte. Und dies nicht nur im politischen Bereich, sondern querbeet durch die Gesellschaft.

Dazu gehörte auch Bildung, die man sich aber nicht unbedingt durch ein Universitätsstudium aneignen musste (Ich habe leider auch genug nur auf den eigenen Vorteil bedachte Akademiker ohne eigene Meinung erlebt).

In der klassischen Literatur gab es den Begriff der „Herzensbildung“.

Der Blogger/Journalist Sascha Lobo transferiert den alten Begriff in unsere Zeit und meint sogar, Bildung sei ohne Herzensbildung „nichts wert“.

Und es gibt sie auch heute und gerade in dieser schwierigen Zeit, die so viel Empathie braucht.

Doch für viele ist Herzensbildung ein Fremdwort, so auch für Boris Palmer (oft frage ich mich, wieso die Tübinger ihren OB noch nicht verjagt haben).

Die „Trump-Mentalität“ wurde über Nacht in unserer Gesellschaft salonfähig.

In den Länderparlamenten zweifeln sie die Erkenntnisse der Wissenschaftler an, da sie diese vom Intellekt her nicht begreifen können.

Gemeinderäte benehmen sich rüpelhaft, um eigene Interessen durchzusetzen.

Aber es gibt sie auch im Vorstand kleiner Vereine: Frech, ungebildet und flatterhaft. Menschen ohne Format, aber mit dem Mut zur Selbstdarstellung.

Ich habe in der Hundewelt quer durch Europa so viele „kleine Trumps“ erlebt. Und etwas hatten sie gemeinsam:

Sie waren alle nicht in der Lage, einen einfachen Mendelschen Erbgang zu begreifen.

Sie konnten reden, ohne etwas zu sagen und sich einen Tag danach an das Gesagte nicht mehr erinnern.

Sie hatten so viele „good friends“, die sie heute umarmten und morgen verrieten.

Die vereinfachte, kindliche Ausdrucksweise haben sie von ihrem Vorbild übernommen, denn viele waren ebenfalls kleine „Analphabeten“.

Warum mich das alles schmerzt?

Weil ich befürchte, dass es diesen zahmen, roten „Wolf“ mit seinem klugen Blick, der mir so ans Herz gewachsen ist, irgendwann nicht mehr geben wird, da seine Geschick in der Hand von „kleinen Trumps“ liegt, für die Genetik ein Fremdwort ist und die nur einen „great deal“ machen wollen.

Richard Didicher

P.S.: Ich habe aber auch in den letzten Jahrzehnten in der Schweiz, in Frankreich, in den Niederlande, in Schweden und natürlich in Deutschland kluge Menschen getroffen, die über das Wissen und den Verstand verfügten, um den Anforderungen einer vernünftigen Zucht gerecht zu werden.

Wo sind sie nur geblieben?