Richard Didicher: Vorstehhunde oder Sporthunde ?

Wer kennt sie nicht die alten Legenden von dem alten Jäger und seinem treuen Hund.

So lange es die Jagd geben wird – so auch heute- erfüllen Jagdhunde ihren Zweck.

Bei der Jagd verletztes Wild muss gefunden und erlöst werden.

(Nebenbei muss aber auch die Frage erlaubt sein, ob heute an der glorifizierten Jagdtradition festgehalten werden muss, wenn der ach so kreative moderne Mensch Waffen und Munition entwickelt hat, die angeblich schnell und schmerzlos Wild töten könnten?)

Fest steht, dass der Jagdhund durch seinen ausgezeichneten Geruchssinn die Schmerzen von angeschossenem Wild beenden kann. Das trifft vor allem bei allem Haarwild zu, und der Einsatz eines Jaghundes für solche Situationen steht außer Frage.

Anders sieht die Situation aber beim Federwild und den Vorstehhunden aus.

Ist ein praktischer Jagdeinsatz für Vorstehhunde, wenn sie nicht als Allrounder verwendet werden, heute noch nötig oder möglich?

Welcher anständige Mensch würde heute noch auf ein Rebhuhn oder Fasan anlegen?

Das Rufen der Rothühner in den Weinbergen der Camargue oder der stolze Aufschrei eines Fasans, wenn er durch einen unvorsichtigen Hund aufgescheucht wird und sich senkrecht „in den Himmel bohrt“, gehören für mich zu den Highlights des Sommers.

Diese Tiere sind inzwischen für mich heilig geworden, dies auch durch ihre Seltenheit.

Europaweit werden aber jährlich tausende Vorstehhunde ausgebildet - fast immer an hilflosem Volierewild - nicht für die Jagd, sondern als Sporthunde.

Stolz posieren in bunten Journals auch in diesem Herbst schicke, selbstbewusste Frauen mit „Möchtegernjagdhunden“, die Zöglinge mit toten aufgetauten Zuchtenten im Fang aus der letzten Lieferung des Wildlieferanten.

Gibt es für all diese unschuldigen Geschöpfe keine Gnade mehr?

Vor vierzig Jahren nahm ich als naiver „Zuschauer“ zum ersten Mal an einer Feldprüfung teil.

Ein „charmanter“ Prüfungsobmann fing ein flugunfähiges Rebhuhn ein, wandte sich an die Beteiligten und sagte mit seiner wohlklingenden Stimme: „Ein krankes Huhn, das erlöst werden muss.“ Er tötete es vor versammelter Mannschaft.

Warum nur habe ich den Unsinn geglaubt und bin nicht gleich gegangen?

Wie oft stand ich im Frühjahr am Rande eines Weizenfeldes und beobachtete das Spektakel:

Stürmische kleine Hunde rennen wie Windhunde über die Felder, der Vorwärtsdrang dieser Sporthunde kennt keine Grenzen und schon sind sie am Horizont und im Nu wieder zurück und die Richter nicken wohlwollend. Bei Witterung werfen sie sich zu Boden. Vorstehen sieht anders aus.

(Zu allem Elend werden diese setterähnlichen Geschöpfe an unerfahrene Welpenkäufer auch als Familienhunde verkauft.)

Mit Jagd hat das alles gar nichts zu tun.

Etwas spät meine Einsicht, werden manche sagen; zu Recht.

Wozu habe ich das alles mitgemacht?

Vielleicht, weil es etwas gibt, das auch heute noch mein Herz höher schlagen lässt:

Ein vorstehender Setter. Ein Bild, das mich in seinem Bann gefangen hält.

Es wäre schön, wenn diese Vorstehanlagen, eine uralte Tradition über die bereits der Wolf verfügt, beim echten Setter erhalten blieben.

Über diese Anlagen verfügen aber nicht nur die kleinen, unansehlichen, nervigen hellroten Sporthunde, die nach Deutschland gebracht wurden, um Prüfungen zu bestehen, sondern auch rassetypische Hunde, die diese Bezeichnung auch verdienen.

Und gut, dass es in Deutschland auch noch die intakte Natur mit natürlichen Wildbesatz gibt.

Wenn ich in Münzesheim in einem Revier voller vitaler wilder Fasanen sehe, wie ein richtiger Setter regungslos vorsteht und ein Fasanenhahn „genervt“ schimpfend majestätisch abstreicht, um etwas später wieder an die gleiche Stelle einzufliegen, habe ich für einen Augenblick ein herrliches Bild eines wirklichen Vorstehhundes genossen – kein Hunderennen und keine Quälerei von unschuldigen Hühnervögel.