D e r  a l te r n d e H u n d

Ein Beitrag von
Pedigree Redaktionsservice Ernährung, 41161 Mönchengladbach

                                     


Der Alterungsprozess

Seit Menschengedenken wird den Fragen des Alterns nachgegangen. Neben religiösem, wissenschaftlichem oder sonstigem Interesse verbirgt sich hierin auch der Wunsch, die Lebenserwartung positiv beeinflussen zu können.

Dabei hat nicht die maximale Lebenserwartung zugenommen, sondern die durchschnittliche statistische Lebenserwartung. Sie ist durch überragende wissenschaftliche Erkenntnisse deutlich gestiegen.

Dieser Erfolg betrifft nicht nur den Menschen, sondern generell alle Lebewesen, denen der verbesserte Kenntnisstand zugute kommt, also zum Beispiel unter menschlicher Obhut gehaltene Zootiere im Vergleich zu ihren wildlebenden Artgenossen oder den Hund. Grundlagen hierfür sind in erster Linie verbesserte Erkennung, Vorbeugung und Therapie von Erkrankungen und eine bedarfsorientierte Ernährung.

Das Altern (Seneszenz) von Organismen ist ein unvermeidbarer, universeller und trotz intensiver Bemühungen der Wissenschaft immer noch weitgehend unverstandener Vorgang.

Die Prozesse des Alterns, ob bei Tier, Pflanze, Geweben oder auf Zellebene, sind die Folge zweier irreversibler biologischer Vorgänge:

-Verlust der Funktionalität verschiedener Organsysteme.

-Verlust der Resistenz oder Anpassungsfähigkeit gegenüber schädlichen Umwelteinflüssen.

Altersbedingte Veränderungen gibt es grundsätzlich bei jedem Individuum einer Spezies. Unterschiedliche Spezies weisen jedoch unterschiedliche Alterungsraten auf. Die Alterungsrate oder zumindest viele der nach außen hin sichtbaren Anzeichen des Alterns können sich zudem bei Individuen desselben chronologischen Alters unterscheiden.

Während die maximale Lebenserwartung genetisch bestimmt sein kann, stehen viele physiologische Aspekte des Alterns unter dem Einfluss einer Reihe von Faktoren der Umwelt und der Lebensweise.

Betrachten wir z.B. das Immunsystem. Es besteht aus Zellen, Enzymsystemen und Molekülen, deren Aufgabe in der Verteidigung des Wirts gegen eindringende Krankheitserreger besteht. Mit Hilfe eines komplexen Netzwerkes miteinander verknüpfter Reaktionswege schützt das Immunsystem das Individuum vor Infektionen, eliminiert Fremdsubstanzen, entfernt geschädigtes und gealtertes Gewebe, überwacht bösartige Körperzellen und vermag diese zu zerstören.

Gesunde Individuen verfügen über zwei biochemisch eng miteinander verbundene Typen von Immunfunktionen: die angeborene und die erworbene Immunität.

Die Voraussetzung für die Entstehung einer spezifischen Immunreaktion ist eine komplexe Serie von Wechselwirkungen zwischen Immunsystem und dem

eindringenden Krankheitserreger. Erworbene Immunreaktionen sind spezifisch für bestimmte Pathogene und .erinnern sich. an vorangegangene Erkrankungen. Dies hat eine Verstärkung und Beschleunigung (Boosterung) der Reaktion nach erneutem Kontakt mit einem bestimmten Krankheitserreger zur Folge.

Mit zunehmendem Alter kommt es zu einer allgemeinen Abnahme der Immunität, einhergehend mit einer Abnahme der Zellzahlen sowie einer Zunahme zellulärer Dysfunktionen. Diese Veränderungen der Immunfunktion werden für eine gesteigerte Häufigkeit von Infektionen und degenerativen Erkrankungen wie Krebs und Arthritis/Arthrose im Alter verantwortlich gemacht. Viele altersbedingte physiologische Veränderungen tragen dazu bei.

Aber auch äußere Faktoren (Umweltbelastung, Operationen, zu starke Traininganforderungen) können einen erheblichen Einfluss auf den Immunstatus haben.

In den vergangenen Jahren rückte der Einfluss von Lebensweise und Umwelt zunehmend in das Zentrum des Interesses. So wurde zum Beispiel ein enger Zusammenhang zwischen Schäden durch sogenannte freie Radikale, die im Rahmen normaler Körperfunktionen entstehen und physiologischen Schäden sowie den Ursachen verschiedener degenerativer Erkrankungen wie Krebs und Arthrose und dem Alterungsprozess im Allgemeinen festgestellt.

Trotz der körpereigenen Verteidigungssysteme entstehen immer wieder Schäden auf Zellebene. Man geht davon aus, dass die Ansammlung geschädigter und nicht reparierter DNS zur Entstehung einer Reihe von Erkrankungen beitragen kann, die mit dem Alterungsprozess zusammenhängen.

Auch die Ernährung spielt eine wichtige Rolle bei der Entwicklung und dem Fortschreiten der Immunseneszenz. Anfangs standen die durch Nährstoffmangel hervorgerufenen Veränderungen der Immunfunktion im Zentrum des Interesses. In jüngster Zeit hat sich die Aufmerksamkeit zunehmend auf die supplementäre Nährstoffzufuhr und die dadurch verbesserten immunologischen Mechanismen verschoben. Einige Nährstoffe (z.B. Vitamin A und E und Selen) scheinen z.B. eine Potenzierung der Immunfunktion hervorzurufen. Aus der Perspektive unserer Hunde sind breitangelegte Forschungsbemühungen zum Thema Immunseneszenz erforderlich.

Gegenwärtig befassen sich rege Forschungsaktivitäten mit den Möglichkeiten, mit Hilfe der Ernährung Schäden durch freie Radikale und deren Einfluss auf den Immunstatus und das Fortschreiten von Erkrankungen zu bekämpfen bzw. zu verhindern. Insbesondere die Anreicherung der Nahrung mit Antioxidanzien, die die Fähigkeit besitzen, potenziell schädliche freie Radikale abzufangen, könnte neben der Reduzierung der Häufigkeit degenerativer Erkrankungen und der Boosterung einer suboptimalen Immunleistung indirekt auch die Auswirkungen des Alterungsprozesses vermindern.

Der Reifungs- und der Alterungsprozess des Immunsystems stehen unter der Kontrolle eines komplexen und relativ wenig bekannten Systems. Würden die Zellen unseres Immunsystems nicht altern und keiner altersabhängigen Differenzierung unterliegen, wie könnten wir uns dann vom Stadium des Blastozyten über den Fetus und das Neugeborene zum Adulten entwickeln und phänotypisch verändern? Was kontrolliert nicht nur das Ersetzen .abgenutzter. und toter Zellen, sondern auch funktionale Veränderungen dieser Zellen?

Wir alle kennen diese Veränderungen und bezeichnen sie als Altern, aber was ist die Ursache des Alterns? Warum tritt das Altern in unterschiedlichen Raten auf und wie können wir es kontrollieren? Die Voraussetzung für das Verständnis der Komplexität und der facettenreichen Auswirkungen des Alterungsprozesses ist eine bessere Kenntnis der miteinander verknüpften immunologischen Prozesse, aber auch die Anwendung neuester Methoden der Genetik, Biochemie, Molekular- und Zellbiologie, mit dem Ziel, die Grundlagen der Immunseneszenz und deren Einfluss auf die Entwicklung zahlreicher damit zusammenhängender Krankheitszustände besser zu verstehen.

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